Ungleiche Machtverhältnisse

  • Paarberatung, Eheberatung

Wenn nur Einer das Sagen hat

Ihm gehört das Geld, die Firma und das Haus. Sie arbeitet in seiner Firma als (leitende) Angestellte mit. Sein Gehalt beläuft sich auf ein Vielfaches von ihrem. Die Konten sind selbstverständlich getrennt und ihre Altersversorgung ist ganz im Gegensatz zu seiner überschaubar. Bei größeren Anschaffungen muss sie ihn um Unterstützung bitten, er hingegen kauft sich, was er möchte ohne es ihr vorher anzukündigen. Es handelt sich hier nicht etwa um ein Paar mit Migrantenhintergrund, sondern um eines von vielen deutschen, verheirateten Paaren. Wäre die Frau in der stärkeren Rolle, würde die Ehe nicht lange bestehen.

Als Außenstehender fragt man sich, warum diese Ehefrau sich in eine derartige Abhängigkeit begibt, die beiden Partner hingegen machen sich wenig Gedanken darüber. Sie wundern sich stattdessen, warum ihre Beziehung so schlecht läuft. Als Eheberater setzt man sich regelrecht ins Wespennest, spricht man dieses ungleiche Gefüge an. Der Mann fühlt sich sehr angegriffen: seine Frau bekommt doch alles von ihm, solange sie zusammen sind. Genau hier liegt das Problem: was wäre, wenn die Ehe zerbräche? Der Ehevertrag ist natürlich zu seinen Gunsten verfasst, sonst wäre die Firma in Gefahr. Aber rechtfertigt das dieses gravierende Ungleichgewicht? Sie traut sich kaum etwas zu sagen, es sähe doch sonst so aus, als ob sie es nur auf sein Geld abgesehen hätte. Er ist doch schließlich so großzügig zu ihr.

An dieser Stelle erwähne ich immer, dass es sich so anhört, als würde sie von einem Chef sprechen, oder wäre eine bezahlte Geliebte. Manchmal herrscht dann betroffenes Schweigen. Der Mann bestätigt, Angst vor dem Machtverlust zu haben, und befürchtet seine Frau könnte ihn verlassen und damit finanziell ruinieren. Hier zeigt sich das mangelnde Vertrauen in die eigene Beziehung. Dieses totale Absicherung gegen den eigenen Partner hinterlässt bei diesem natürlich Spuren. Die Ehefrau setzt dann an unerwarteter Stelle ihre Waffen ein um sich auch einmal überlegen zu fühlen.  

Was spräche dagegen ihr einen Teil des Vermögens zu übertragen, der ihn im Scheidungsfall nicht ruinierte und die beiden Gehälter aneinander anzugleichen? Nach einigen Kämpfen taten das auch manche Männer. Einer davon meinte danach zu mir, dass er sich jetzt sicher sei, dass seine Frau bei ihm bliebe, weil sie ihn liebe, denn schließlich hätte sie auch ohne ihn ausgesorgt.