Lisa, eine verheiratete Frau mit zwei Kindern und einer äußerlich gut funktionierenden Langzeitehe, war von ihrem Mann Gerhard bei ihrem Seitensprung ertappt worden. Sie ließ in Gedanken die Stationen, die zur Außenbeziehung führten Revue passieren. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie plötzlich veränderte Gefühle für ihren Kollegen Sebastian entwickelte, glaubte sie eine gute Ehe zu führen. Die Defizite in ihrer Partnerschaft wurden ihr erst ab diesem besonderen Gefühl, gegen das sich sowohl ihr Kollege, als auch sie anfangs wehrten, bewusst.
Das Sommerfest der Firma war das erste Zusammentreffen nach dem völlig unerwarteten Aufflackern eines Liebesgefühls zwischen Lisa und Sebastian. Zu Beginn des Festes vermieden sie noch jeden Kontakt zueinander und setzten sich extra an unterschiedliche Tische. Nach ein paar Gläsern Wein und dem Beginn der Tanzmusik verloren sie etwas den Überblick und fanden sich auf einmal in unmittelbarer Nähe auf der Tanzfläche wieder. Im Nachhinein waren sie sich nicht mehr so ganz darüber bewusst, wie alles zustande kam. Sie bewegten sich irgendwann im gleichen Rhythmus und kamen sich immer näher. Dabei verloren sie jedes Interesse an dem Geschehen um sich herum. Die weitere Entwicklung war nur natürlich und keiner von Beiden war noch in der Lage seine Kontrollinstanz einzuschalten. Sie ließen nicht mehr voneinander ab und fuhren irgendwann gemeinsam mit dem Taxi zu Sebastians Wohnung. Er lebte seit einem halben Jahr von seiner Frau und seinem Kind getrennt. Es war wie ein Rausch zu Zweit. So etwas hatten Beide noch nicht, oder schon sehr lange nicht mehr erlebt. Irgendwann am frühen Morgen erschrak Lisa und machte sich auf den Heimweg. Ihr Mann schlief und sie schlich sich im Morgengrauen unbemerkt ins eheliche Schlafzimmer.
Seitdem war der Bann gebrochen und Lisa traf sich so oft sie konnte heimlich mit Sebastian. Sie bat ihre Freundin Moni, die ihren Mann sowieso nicht besonders schätzte, um Alibis und genoss dadurch viele Freiheiten. Sebastian und sie lebten in den Tag hinein und hofften auf irgendeine glückliche Fügung. Ein Ende ihrer Liebesbeziehung kam für Beide nicht in Frage. Das Wort „Affäre“ wollten sie für ihr Glück nicht in den Mund nehmen. Drei Monate waren inzwischen vergangen und weder Lisa, noch Sebastian hätten jemals damit gerechnet, dass Lisas Mann Gerhard unter ihrer Beziehung leiden könnte. Sie vermuteten eher, dass er dadurch mehr Zeit für seine junge Kollegin übrig hätte. Vielleicht beschwichtigten sie damit aber auch nur ihr schlechtes Gewissen.
In dem Moment, als Lisa mitten in der Nacht mitbekam wie Gerhard zusammenbrach, nachdem er ihre Außenbeziehung entdeckte, versagte ihr ganzes Beschwichtigungskonstrukt. Sie war völlig hilflos und musste ihre Ehe plötzlich mit anderen Augen betrachten. Vielleicht spielte die junge Kollegin ihres Mannes überhaupt keine Rolle? Liebte Gerhard sie selbst vielleicht viel mehr als sie vermutete, und sie hatte es nur nicht zugelassen? Oder fürchtete er nur sein bequemes Nest zu verlieren? Hatten sie Beide in letzter Zeit einfach nur ihre Ehe vernachlässigt? Sie würde sich entscheiden müssen und einem der beiden Männer und sich selbst damit das Herz brechen.
So ähnlich läuft es in den meisten Partnerschaften bei einer ernst zu nehmenden Außenbeziehung ab. Der untreue Partner legt sich alle möglichen Rechtfertigungen für seine Untreue zurecht, um die eigenen Schuldgefühle dadurch nicht aufkommen zu lassen. Es findet sich in jeder Langzeitbeziehung genug Material dafür. Kein Mensch und keine Partnerschaft ist durchgehend perfekt. In den meisten Fällen sind beide Partner an den Schwierigkeiten miteinander beteiligt. Im Fall einer Affäre wird allerdings die Eigenbeteiligung vom Untreuen verleugnet.
Sobald der Betrogene von dem Seitensprung seines Partner erfährt, wendet sich das Blatt. Die Verzweiflung des Gehörnten ist häufig so groß, dass dem Untreuen Zweifel an seiner Konstruktion einer schon erkalteten, oder rückwirkend für negativ erklärten Partnerschaft aufkommen. Es beginnt ein kräftezehrender Kampf um die Beziehung und um eine Neuinterpretation der Vergangenheit. Die jetzt beginnenden Auseinandersetzungen mit Trennungen und Liebesschwüren durchsetzt nehmen so viel Energie in Anspruch, dass eine Alltagsbewältigung teilweise unmöglich wird. Das Umfeld verordnet den Beiden eine Paartherapie, weil sie sich das Elend nicht mehr ansehen und anhören können.
Der Paartherapeut darf sich unter keinen Umständen auch nur geringfügig auf eine Seite schlagen. Jeder von Beiden hat auf seine Weise zu der Situation beigetragen und muss seine Eigenbeteiligung erarbeiten. Schuldzuweisungen verhindern jede Weiterentwicklung. Zunächst muss eine Regelung für die nächsten Tage bezüglich des Umgangs mit der Außenbeziehung gefunden werden. Dies ist oft der schwierigste Teil, weil der Betrogene bei jedem weiteren Kontakt zwischen den Beiden den Boden unter den Füßen immer wieder verliert und der Andere es kaum einen Tag ohne die/den Geliebte(n) aushält. Eine Vereinbarung für die Zukunft ist noch zu weitreichend und wird nur selten durchgehalten, deshalb sollten in der ersten Zeit noch keine zukunftsträchtigen Entscheidungen getroffen werden.
Die Eheberatung oder Paartherapie nimmt bei einer Außen- oder Parallelbeziehung einige Zeit in Anspruch.
Fortsetzung folgt.