Lebendige Sexualität in Langzeitbeziehungen

  • Paarberatung, Sexualberatung, Eheberatung

Wie ist das möglich?

In meiner langjährigen Tätigkeit als Ehe-Paar- und Sexualberaterin werde ich oft nach dem Rezept für eine lebendige Sexualität in Langzeitbeziehungen gefragt. Dabei spielen viele Faktoren eine Rolle. Sexualität kann man nicht isoliert betrachten, sondern sie hängt unmittelbar mit der Qualität der Partnerschaft und dem Lebensgefühl des Einzelnen zusammen. Die Sexualität ist also eingebunden in das Leben des Paares. Ein lebendiges Miteinander begünstigt auch eine lebendige Sexualität, während ein ausschließlich harmonisches Zusammensein die Qualität der Sexualität leider beeinträchtigt. Streit darf und muss gelegentlich sein, solange er fair ausgetragen wird.

Zu viel Harmonie bedeutet das Vermeiden von kontroversen oder strittigen Themen, was mit der Zeit zu einer Erstarrung der Beziehung führt. Um aufeinander Lust zu haben, muss man sich selbst und den Anderen spannend finden und dafür sind die Unterschiede der Partner mit allen positiven und anstrengenden Begleiterscheinungen wichtig. Den Paaren auf meiner Couch, die anfangs vom „wir sind der Meinung“ sprechen, bringe ich zuerst bei, dass sie unterschiedliche Meinungen haben dürfen. Jeder Partner hat seine eigene Perspektive und die weicht teilweise erheblich von der des Anderen ab. Jede Meinung hat ihre Existenzberechtigung, auch wenn die für den Partner manchmal unbequem ausfällt. Lebendige Sexualität und Bequemlichkeit schließen sich sowieso aus.

Ein Paar das täglich auf der Couch vor dem Fernseher sitzt, oder jeder ständig in einem anderen Zimmer etwas für sich macht, ohne wirklichen Kontakt miteinander, wird kaum erotisches Interesse aneinander entwickeln. Hier wirken Dates miteinander Wunder. Wöchentliche Verabredungen zu Zweit lassen den Partner wieder in einem anderen Licht erscheinen. Man räumt der Beziehung dadurch wertvolle Zeit ein. Qualitätszeit für die Partnerschaft ist die Zeit in der keiner müde oder abgehetzt ist.

Auch Experimente, sich miteinander auch einmal jenseits von vertrauten Bahnen bewegen, eigene Grenzen antasten und das nicht nur in sexueller Beziehung bringt Leben in die Partnerschaft. Eine Beziehung sollte sich immer weiter entwickeln und dabei auch Spaß machen. Der Spaßfaktor sollte nie zu kurz kommen. Natürlich darf man es sich zwischendrin auch gemütlich machen, ohne aber dabei dauerhaft zu stagnieren.  

Gemeinsame Projekte verbinden und bringen Leben in den Alltag. Was könnte das sein? Reisen wird hier oft angeführt, wobei das alleine nicht ausreicht, außer sie haben Dauerurlaub. Kinder sind natürlich eine gemeinsame Lebensaufgabe, bergen allerdings das Risiko sich dabei als Mann und Frau aus den Augen zu verlieren, falls es keine weiteren Gemeinsamkeiten gibt. Ein gemeinsames Haus reicht auf Dauer auch nicht aus. Hier ist also die Kreativität des Paares gefragt. Beliebte gemeinsame Projekte sind miteinender Tanzen (ist auch gut für die Erotik), wandern, klettern, segeln, biken, kulturelle Aktivitäten, musizieren, humanitäre Hilfsprojekte uvm.

Die richtige Balance zwischen Miteinander und Eigenleben sind genauso wichtig für ein lebendiges Miteinander und damit auch für eine lustvolle Sexualität. Paare die ständig aneinander klammern verlieren genauso schnell die Lust aufeinander wie jene die sich kaum sehen. Letztere entfremden sich und können sich sexuell dem Anderen nicht mehr so öffnen. Fernbeziehungen sind Gift für jede Partnerschaft.

Gute Kommunikation ist eine wesentliche Vorraussetzung für lebendige Sexualität. Die Sexualität ist eine Form der Kommunikation. Gerade Frauen entwickeln nach einem tiefgehenden Gespräch mit ihrem Partner Lust auf ihn. Für so manchen Mann kommt das dann sehr überraschend. Viele Menschen wissen nicht einmal was ihren Partner sexuell reizt, sie sprechen nicht darüber. Dabei wären erotische Gespräche sehr lustfördernd. Die meisten Paargespräche bewegen sich aber leider nur an der Oberfläche oder drehen sich um Organisatorisches.

Sich des Anderen 100%ig sicher zu sein, ist eine Illusion und verhindert es ihn attraktiv zu erleben. Die richtige Mischung aus Vertrauen und dem Bewusstsein, dass die Konkurrenz nicht schläft, wäre ideal. Fast jeder Partner ist auch für Andere attraktiv, dessen sollte man sich bewusst, und darauf stolz sein.

Sexualität sollte immer ohne Druck stattfinden! Jetzt werden einige sagen, dass das doch selbstverständlich sei, dem ist aber leider nicht immer so. In meiner Praxis finden sich einige Paare ein, bei denen die Männer sich bitter beschweren, weil ihre Frau oder Freundin nur so selten Lust auf Sex hat. Auf mein Nachfragen hin, wie oft sie denn Sex hätten, bekomme ich nicht selten zur Antwort: „nur zwei mal wöchentlich.“ Die dazugehörigen Frauen beklagen sich dann, dass sie gar nicht dazu kommen eigene Lust zu entwickeln, weil sie sich so unter Druck gesetzt fühlen. Bei einem „nein“ ist ihr Mann tagelang schlecht gelaunt. Sie machen deshalb mit und empfinden dabei von Mal zu Mal mehr Unwillen ihm gegenüber. Die Lebens- und Beziehungsumstände sollten so erfreulich gestaltet werden, dass Beide Lust aufeinander entwickeln. Sex unter Druck zerstört jedes positive Gefühl zum Partner.

Ein häufiger Lustkiller ist leider die Pille. Sie verhindert die natürlichen Lustphasen der Frau und damit eine lebendige Sexualität. Weibliche Lustphasen sind um den Eisprung herum, kurz vor der Periode und bei manchen Frauen noch zum Ende der Periode. In diesen Zeiten ist eine Frau sehr leicht erregbar, und sucht den sexuellen Kontakt. Selbst ihre Kleidung wählt sie in diesen Tagen freizügiger, ohne dass sie sich dessen bewusst wäre.

Eine junge Klientin fasste einmal nach einer Beratungsstunde folgendermaßen zusammen: „Eine Partnerschaft sollte immer in Bewegung bleiben und nie für längere Zeit stagnieren. Das hört sich ja richtig nach Arbeit an.“ Ich würde dem hinzufügen: „das Vergnügen sollte aber auch nicht zu kurz kommen.“