Häufig wird sexuelle Unlust als unveränderbare Gegebenheit angesehen. Damit lebt dann das Paar so lange bis etwas Gravierendes passiert, in den meisten Fällen verliebt sich der Partner mit dem größeren Leidensdruck in eine dritte Person. Erst diese Bedrohung rüttelt das Paar auf und führt zur Ursachenforschung und Bearbeitung ihrer Schwierigkeiten. Auf einmal werden auch die sexuellen Probleme angegangen. Die Gründe für Lustlosigkeit sind aber vielfältig, und deshalb ohne professionelle Hilfe kaum lösbar.  

Den Satz: „es liegt nicht an meinem Partner, ich hatte noch nie so richtig Lust auf Sex“, höre ich in meiner Praxis oft. Meine Antwort darauf lautet dann, dass es trotzdem auch mit der Beziehung zusammenhängt, weil man sich unbewusst den Partner wählt, der an dieser Stelle auch Probleme hat. Man spürt nämlich zehn mal mehr als man bewusst wahrnimmt und erahnt deshalb schon zu Anfang der Beziehung, worauf man sich in dieser Partnerschaft einlässt.  

Man kann sich das wie ein unbewusstes Zusammenspiel zwischen den Beiden vorstellen. Die ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr miteinander gelebte Sexualität kann dann z.B. dazu dienen Einen von Beiden nicht mit unangenehmen Kindheitserlebnissen zu diesem Thema zu konfrontieren. Manchmal übernimmt sogar der nicht Traumatisierte unbewusst die Unlust um seinen Partner vor der Wiederkehr des Verdrängten zu verschonen. Dieses komplizierte Zusammenspiel kann von dem Paar selbst niemals aufgedeckt werden.

Auch die gelungene Identifikation mit dem gleichgeschlechtlichen Elternteil dient dem Kind als Voraussetzung für die Entwicklung seiner Identität als Frau oder Mann. In der späteren Partnerschaft zeigt es sich dann, ob diese Bedingungen dafür gegeben sind. Ein Mann ohne einigermaßen geglückte Vaterbeziehung oder eine Frau mit Defiziten im früheren Kontakt zur Mutter hat später Schwierigkeiten in der partnerschaftlichen Sexualität. Flüchtige sexuelle Kontakte sind davon oft weniger betroffen als eine Langzeitbeziehung, wo ein tieferes Einlassen gefragt ist.