Wer annimmt Existenzängste hätten etwas mit Armut zu tun, irrt sich gewaltig. Gerade bei der vermögenderen Bevölkerung sind sie häufig vertreten. Diese Menschen haben schließlich mehr zu verlieren und bewegen größere finanzielle Beträge. Im Grunde genommen spielen aber weniger die realen Finanzen, sondern die eigenen psychischen Grundlagen eine Rolle für Verarmungsängste.
Erstaunlicherweise zeigen manche Menschen, die mit einem hohen finanziellen Risiko arbeiten, kaum irgendeine Form von Sorge, während Andere, die eigentlich abgesichert sind, schon bei der geringsten Abweichung in Panik verfallen. Wieder Andere können anscheinend gar nicht anders, als sich immer am finanziellen Abgrund zu bewegen. Sie brauchen anscheinend den Kick.
Geht man zum Ursprung eines Menschen zurück, also zum Beginn seiner Existenz, dann spielen finanzielle Aspekte für ihn noch keine Rolle, sondern es geht nur um das Überleben. Dieses ist in den meisten Fällen gesichert, in einigen aber leider überhaupt nicht. Es hat schon seine Gründe, warum manche Menschen sich nicht mehr an die eigene Säuglingszeit und sehr frühe Kindheit zurückerinnern können. Das scheinbare Vergessen schützt vor unangenehmen Erinnerungen. Das Baby lebt schließlich in totaler Abhängigkeit von seinen Bezugspersonen und ist ihnen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Diese ihm nächsten Menschen sind selbst allen möglichen Verpflichtungen und Gegebenheiten ausgesetzt und sind deshalb nicht immer in der Lage dem Baby das zu geben, was es benötigt. Oft werden nicht einmal die Grundbedürfnisse des Kindes befriedigt. Geschieht das öfter und sogar in extremer Form, so erlebt der Säugling es als existenzbedrohend.
Diese frühe Bedrohung überträgt der spätere Erwachsene dann auf verschiedene Lebensbereiche, u.a. auf seine materielle Existenz. Meistens kann er es sich selbst nicht erklären, warum er viel sensibler als sein Partner auf dieselbe finanzielle Situation reagiert. Manchmal ist er sogar verärgert, weil der Andere so gelassen mit dieser für ihn so bedrohlichen Situation umgeht. Anfangs hält er seine Ängste für angemessener als die Lockerheit seines Ehepartners. Erst mit zunehmender Selbstreflexion erkennt er die eigenen Defizite. Bei hohem Leidensdruck führt ausschließlich eine Aufarbeitung dieser frühkindlichen Erlebnisse zur Verbesserung.