Die totale Erschöpfung

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nichts geht mehr

Im Rückblick deutete es sich schon länger an: der kontinuierliche Rückzug von allen unnötigen Aufgaben und Kontakten, die Schwierigkeiten morgens aus dem Bett zu kommen, die Unfähigkeit sich zu freuen, die Appetitlosigkeit, die sexuelle Unlust, die vermeintliche Perspektivlosigkeit und schließlich der graue Nebel, der sich über alles legt. Zuerst mahnt man sich noch sich zusammenzureißen, aber irgendwann erfordert auch das zu viel Energie, die nicht mehr zur Verfügung steht.

Ab einem bestimmten Zeitpunkt bricht dann das bisherige Leben zusammen und man ist auf die Hilfe von Anderen angewiesen. Man wird wieder zum Kind und die einfachsten Tätigkeiten erscheinen auf einmal unendlich schwer. Es gibt verschiedene Diagnosen für diesen Zustand: Burn-out, Depression, depressive Verstimmung oder Erschöpfungszustand. Gerade in letzter Zeit spricht man am liebsten von Burn-out, denn es hört sich noch am harmlosesten an. Wer möchte schon gerne als depressiv bezeichnet werden, damit verbindet man schnell die Psychiatrie.

Die Ursachen für diesen totalen Zusammenbruch können sehr unterschiedlich sein. Meistens passiert es aber Menschen, die zu lange gegen ihre eigenen Bedürfnisse lebten, sie vielleicht nicht einmal wahrnahmen. Ihr Körper und ihre Psyche sorgen dann für eine Grenze, die sie selbst nicht bewusst setzen konnten. Jetzt haben sie keine andere Wahl mehr als sich ihren Bedürfnissen zu stellen, bzw. diese überhaupt erst einmal wahrzunehmen. Gerade bei Letzterem liegt das Problem, weil gerade diese Menschen ihre eigenen Wünsche kaum kennen, sondern hauptsächlich funktionieren.

Schon alleine das Erahnen der eigenen Bedürfnisse fällt ihnen schwer, das Durchsetzen empfinden sie regelrecht als egoistisch und hätten ohne ihren totalen Zusammenbruch auch keine Möglichkeit dazu. Ihr Umfeld lebte mit dem Funktionieren dieser Menschen bisher ganz gut und muss sich nun notgedrungen auch mit umstellen. Ein Teil der Bezugspersonen fällt deshalb nach und nach weg. Entweder distanziert sich der Betroffene im Laufe seiner Entwicklung von ihnen oder sie ziehen sich selbst zurück, weil seine Veränderung für sie nicht nachvollziehbar oder zu unbequem ist.

Eine weitere Ursache kann die Rückkehr des Verdrängten bedeuten. Dabei handelt es sich um unerträgliche, und deshalb ins Unbewusste verdrängte Lebensumstände aus der Kindheit, die jetzt ins Bewusstsein geraten. Dieser plötzliche Andrang von schmerzhaftem Material kann selbst bis dahin scheinbar stabile Menschen aus der Bahn werfen. Sie führten bisher ein relativ beschwerdefreies Leben, das sie neben der Bearbeitung ihrer psychischen Altlasten nun gründlich auf den Prüfstand stellen müssen. Vieles erscheint ihnen dann in einem anderen Licht.

Wie kann aber der Betroffene wieder gesunden? Am effektivsten ist ein vorübergehender Rückzug aus seinem bisherigen Leben in Form einer psychosomatischen Kur. Hier kann er mit einigem Abstand und professioneller Hilfe sein Leben betrachten und bearbeiten, ohne die Gefahr, von seinem Umfeld gleich wieder vereinnahmt zu werden. Nach der Rückkehr ist eine begleitende ambulante Therapie nötig, um nicht wieder in das alte Fahrwasser zu geraten.