Irgendwann kommt für Jede(n) der Zeitpunkt, in der er/sie das bisherige Leben, die Beziehung, Ehe und / oder auch die Familie auf den Prüfstand stellt. Manchmal geht es dabei nur um weniger bedeutsame Kleinigkeiten, es kann daraus aber auch ein Rundumschlag entstehen. Es muss sich dabei nicht unbedingt um die vielbemühte Midlifecrisis handeln, oft genügt schon eine Veränderung im Umfeld als Auslöser.
Das geordnete Leben
Selbst bei Lebensumständen, die in immer gleichen geordneten Bahnen ablaufen, kann irgendwann eine Unzufriedenheit genau deshalb entstehen. Das eigene Leben erscheint dann auf einmal ereignislos und langweilig oder sogar ungerecht. Bisher wurde eben diese Kontinuität als entspannend oder sogar heilsam empfunden. Der Partner /die Partnerin ist aber häufig wenig begeistert von dem Infragestellen des bisherigen so gut organisierten gemeinsamen Lebens.
Der Spielraum in der Partnerschaft
In der Paartherapie sind Paare, bei denen schon immer viel Bewegung in ihrer Beziehung herrschte und einer von Beiden das Leben plötzlich aus einer veränderten Perspektive betrachtet, meistens mit geringerem Aufwand zu behandeln, als jene Paare mit einem sehr geordneten Leben. Je weniger Spielraum eine Beziehung hat, desto mehr Kraftaufwand bedeutet eine Veränderung und desto höher ist die Trennungswahrscheinlichkeit.
Die Waage
Man kann sich eine Partnerschaft wie eine Waage mit zwei Waagschalen vorstellen. Sobald sich eine davon bewegt, gerät die andere Seite aus der Balance. Dieses aus der Balance geraten ist allerdings eine Chance für notwendige kleinere und größere notwendige Veränderungen.
Ein Partnerschaftsbeispiel
Ein häufiges Beispiel: die Frau (es könnte auch der Mann sein, was aber seltener vorkommt) beschäftigt sich neben ihren bisherigen Tätigkeiten auf einmal mit Spiritualität und bewegt sich dadurch in anderen Kreisen. Ihr Partner findet das anfangs interessant, oder belächelt es, fühlt sich aber mit der Zeit deshalb bedroht. Sie hat ein zusätzliches Umfeld, das zum Teil völlig anders lebt, sie stellt zunehmend mehr Dinge aus dem gemeinsamen Leben in Frage und verlangt von ihm Verhaltensweisen, die er nicht leisten kann oder will. Ohne externe Hilfe entsteht jetzt eine Entfremdung, ein resigniertes Nebeneinander oder es kommt sogar zur Trennung.
Ein weiteres Paarbeispiel
Ein weiteres häufiges Beispiel: ein Partner befasst sich zunehmend mit seinem Körper. Das beinhaltet Sport, Ernährung, Kleidung und schließlich auch die Sexualität. Im günstigen Fall versucht er den Anderen auf seinem neuen Weg mitzunehmen. Im ungünstigen Fall empfindet er sie/ihn als Störfaktor. Gerade das Thema Körperlichkeit und Sexualität hat eine enorme Sprengkraft, die vom sexuell weniger Interessierten meistens unterschätzt wird. Ohne therapeutische Unterstützung hat die Partnerschaft in diesem Fall keine guten Überlebenschancen.
Die unbewusste Verbindung in der Partnerschaft
Als Außenstehender könnte man jetzt denken: Menschen verändern sich eben und passen irgendwann vielleicht nicht mehr zusammen. Aus tiefenpsychologischer Sicht jedoch ist man in einer Partnerschaft auch auf unbewusster Ebene verbunden. Das bedeutet, was einer von Beiden macht. hat auch immer mit dem Anderen etwas zu tun. Also könnte eine unbewusste Vereinbarung zwischen dem Paar existieren, die besagt, dass einer für die Neubewertung der Beziehung sorgt. Das trifft natürlich nur auf eine Partnerschaft zu, die überhaupt eine Verbindung aufweist und nicht aneinander vorbeilebt.
Die Aufgabe des Therapeuten
Dem Therapeuten fällt die Aufgabe zu, genau dies aufzudecken und dem Paar dabei behilflich zu sein, ihre Paartnerschaft aus einer anderen Perspektive zu betrachten und gegebenenfalls auf neue Beine zu stellen.