Liebe in der Krise: So kannst du deine Beziehung retten

Gabriele Leipold als Expertin auf "Bunte.de" 30.11.2018, zum Thema: "So kannst du deine Beziehung retten""

von Sandra Berthaler

Schlechte Phasen gibt es in jeder Beziehung. Aber woran erkennst du, dass deine Partnerschaft in einer ernsthaften Krise steckt? Paartherapeutin Gabriele Leipold erklärt, bei welchen Signalen du hellhörig werden solltest und was du ganz konkret tun kannst, um deine Beziehung zu retten und wann es sich nicht mehr lohnt.

Du sitzt fast jeden Abend mit deinem Partner vor der Glotze, zu erzählen habt ihr euch nicht mehr viel und der Sex war auch schon mal deutlich besser. Habt ihr nur eine schlechte Phase oder solltest du dir ernsthafte Gedanken um deine Beziehung machen? Die Münchner Paartherapeutin Gabriele Leipold erklärt, wann es sich (noch) lohnt, um den Partner zu kämpfen, wie du wieder mehr Nähe, Spaß und Romantik in deine Partnerschaft bringen kannst und warum eine Beziehungspause nur selten etwas bringt.

BUNTE.de: Woran erkenne ich, dass meine Partnerschaft in einer Krise steckt?

Gabriele Leipold: Von einer Krise kann man immer dann ausgehen, wenn mindestens einer der beiden Partner über längere Zeit in der Beziehung leidet. Häufig ist tatsächlich nur einer unglücklich, während der andere eigentlich ganz zufrieden ist und nichts verändern möchte. Ein liebloser und gereizter Umgang miteinander, wenig Zeit zu zweit und kaum Gespräche, die über das Organisatorische hinausgehen, sind weitere Anzeichen für eine Krise. Wenn man kaum oder gar nicht mehr miteinander schläft, kann das natürlich auch bedeuten, dass etwas nicht passt. Allerdings nur, wenn mindestens einer der beiden Partner darunter leidet. Es gibt auch Paare, die mit einmal Sex im Monat zufrieden sind oder ihn ganz einstellen – einfach, weil ihnen die Sexualität nicht so wichtig ist. Ein deutliches Zeichen für eine Krise ist allerdings, wenn man anderen Menschen dauerhaft näher ist als dem eigenen Partner und schon beim Gedanken, ihn zu sehen, ein unangenehmes Gefühl bekommt.

Wann lohnt es sich (noch), um den Partner zu kämpfen?

Es lohnt sich eigentlich immer dann, um den Partner zu kämpfen, wenn die Beziehung viel länger dauert als die Krise selbst. Man braucht etwa zwei Jahre, um ein solides Beziehungsfundament zu schaffen – dazu gehören die erste Verliebtheit und viele innige Momente, auf denen man die Partnerschaft aufbauen kann. Ist dieses Fundament schon in sich brüchig, können Sie sich so viel bemühen, wie Sie wollen – die Beziehung bleibt eine lebenslange Baustelle. Wenn körperliche Gewalt in der Beziehung eine Rolle spielt oder einer fremdgegangen ist und daraus ein Kind entstanden ist, lohnt es sich auch nicht, um die Partnerschaft zu kämpfen.

Anders liegen die Dinge, wenn sich einer der beiden Partner in jemand anderen verliebt. Das passiert häufig und muss keineswegs das Ende bedeuten. In so einem Fall macht es Sinn, die Beziehung auf den Prüfstand zu stellen und sich zu fragen: Was hat einem oder uns beiden in unserer Partnerschaft gefehlt, dass es so weit kommen konnte und wie können wir diese unerfüllten Bedürfnisse stillen? Ganz oft kommen sich Paare über intensive und ehrliche Gespräche wieder näher und die Gefühle für die andere Person verblassen.

Diese Zwiegespräche können die Liebe retten

Ich möchte meine Beziehung retten, wie mache ich den ersten Schritt?

Das Wichtigste ist erst mal den passenden Zeitpunkt für ein offenes Gespräch zu finden. In diesem sollte man darüber reden, was beiden in der Beziehung fehlt, was einen am anderen stört, aber auch was die Partner verbindet. Hier besteht natürlich die Gefahr, dass man sich gegenseitig Vorwürfe macht, auf Stur oder Durchzug schaltet und sich im Kreis dreht. Damit das nicht passiert, muss jeder einen Raum bekommen, in dem er ohne Vorwürfe und Verletzungen seine Gedanken, seine Kritik, aber auch seine Bedürfnisse und Wünsche äußern darf.

Aber was mache ich, wenn wir uns nur noch angiften?

In so einem Fall kann ich die Zwiegespräche nach Prof. Moeller empfehlen, der auch den Ratgeber „Die Wahrheit beginnt zu zweit“ geschrieben hat. In diesen Zwiegesprächen hat jeder 15 Minuten Zeit, alles zu sagen, was ihn beschäftigt – ohne Vorwürfe und Verletzungen. In dieser Zeit hört der andere nur zu, und zwar aufmerksam und mit Wertschätzung, ohne die Augen zu verdrehen oder sich zu räuspern. Danach wird gewechselt. Jeder kommt dreimal dran. Das sind insgesamt eineinhalb Stunden. Das ist eine Herausforderung, aber in diesen Zwiegesprächen hat endlich einmal jeder Zeit und Raum, seine Gedanken und Gefühle auszusprechen, zu entfalten und weiterzuentwickeln, ohne unterbrochen zu werden. Am besten wäre es natürlich, wenn diese Zwiegespräche regelmäßig stattfinden, und zwar dann, wenn beide Partner ungestört und einigermaßen entspannt sind. Ich würde auch empfehlen, sich nicht gegenüberzusitzen, sondern nebeneinander. Denn oft kann schon ein "falscher Blick" des Partners dazu führen, dass die Stimmung kippt. Falls solche Zwiegespräche nicht mehr möglich sind, empfehle ich eine Paartherapie. Manchmal braucht es einfach einen neutralen Dritten, um wieder konstruktiv miteinander ins Gespräch zu kommen.

Muss ich immer reden oder kann ich auch mit Taten an meiner Beziehung arbeiten?

Auf jeden Fall. Meist gab es ja schon viele Gespräche, in denen sich die Partner versprochen haben, dieses oder jenes für den anderen zu tun. Aber die meisten halten das nicht lange durch. Deshalb muss man seinen Worten auch wirklich Taten folgen lassen, und zwar solche, die man auch gut einhalten kann ohne sich verbiegen zu müssen. Frauen wünschen sich meist mehr Aufmerksamkeit von ihrem Partner, mehr Gespräche und gemeinsame Unternehmungen. Männer hingegen sehnen sich nach mehr Anerkennung und dass ihre Partnerin auch mal wertschätzt, was sie für die Familie leisten. Oft wollen sie einfach nur ungestört auf der Couch herumliegen und sich von der Arbeit erholen. Das ist auf Dauer natürlich nicht besonders sexy. Und wenn er jedes Wochenende auf der Couch verbringt, muss er sich nicht wundern, wenn er irgendwann abgeschrieben ist. Ständig vor der Glotze zu hängen, kann eine Beziehung auch sehr belasten. Daher empfehle ich wenigstens zwei fernsehfreie Abende pro Woche, in denen man gemeinsam kocht, sich mal wieder richtig unterhält oder etwas spielt. Oder Sie überraschen Ihren Partner mit Sex an einem ungewohnten Ort im Haus. Es muss ja nicht immer im Dunkeln im Schlafzimmer sein.

Wer geht schon mit seinem Feind ins Bett?

Kann man mit Sex auch Beziehungsprobleme lösen?

Das kommt darauf an. Sex ist die körperliche Form der Kommunikation und ein Gradmesser für die Beziehung. Bei Paaren, die sehr lange keinen oder unbefriedigenden Sex hatten, herrscht oft ein gereizterer und liebloser Umgangston. Und wenn das Beziehungsnest einmal kalt ist, hat man in der Regel auch keine Lust mehr, Zeit mit dem anderen zu verbringen, geschweige denn mit ihm zu schlafen. Eine meiner Klientinen hat mal gesagt: "Ich gehe doch nicht mit meinem Feind ins Bett." 

Andererseits gibt es auch Paare, die sich dem anderen gefühlsmäßig gar nicht mehr verbunden fühlen, wenn überhaupt keine Sexualität vorhanden ist. Das ist natürlich eine Zwickmühle. Vielleicht sollte man dann versuchen, sich wieder körperlich anzunähern, ohne gleich wieder Sex zu haben. Denn wenn man sich gar nicht mehr berührt oder umarmt, findet mit Sicherheit auch sonst keine positive Form der Kommunikation mehr statt.   

Wie bekomme ich wieder mehr Leben und Freude in meine Beziehung?

Der Spaßfaktor kommt leider in vielen Langzeitbeziehungen zu kurz, weil es meist nur noch um die Alltagsbewältigung geht. In solchen Fällen empfehle ich Paaren gerne, sich vorzustellen, wie es wäre, wenn sie sich gerade erst frisch kennengelernt hätten. Würde man dann auch nasebohrend ins Handy starren oder ständig am anderen herumnörgeln? Ich wette, oft gäbe es kein zweites Date. Auch nach zehn Jahren Beziehung darf man niemals aufhören, sich um den anderen zu bemühen und Dinge zu unternehmen, die Spaß machen.

Nehmen Sie sich Zeit für die Beziehungspflege – am besten einen freien Abend pro Woche, den man gemeinsam außerhalb der vier Wände verbringt. Gestalten Sie diesen Abend wie ein richtiges Date, machen Sie sich schön und überlegen Sie am besten abwechselnd, mit welchem Restaurant oder Aktivität Sie Ihren Partner überraschen könnten. Mit Kindern ist das natürlich nicht so leicht. Aber versuchen Sie, sich wenigstens jede zweite Woche einen freien Abendfür den Partner freizuschaufeln und organisieren Sie einen Babysitter.

Was halten Sie von einer Beziehungspause? Kann eine Trennung auf Zeit die Liebe retten?

Eine Auszeit ist kein Allheilmittel, denn meist behält man den Partner dann so in Erinnerung, wie man ihn zuletzt erlebt hat und das ist meistens nicht gerade positiv. Sonst hätte man sich ja nicht für eine Beziehungspause entschieden. In so einer Pause hat man plötzlich seine Ruhe, es gibt keinen Streit mehr,die gefühlten Einschränkungen, die Sprachlosigkeit und die Enttäuschungen sind auf einmal weg und ich kann tun und lassen, was ich will. Meist ist dann mindestens einer der beiden Partner total erleichtert und sagt: "Mir geht’s so gut, wie schon lange nicht mehr." Der andere kann oft nicht so gut alleine sein und leidet in so einer Beziehungspause sehr, weil er den anderen vermisst. Eine Auszeit während einer Beziehungskrise macht also überhaupt keinen Sinn, weil man davon ausgehen kann, dass es eine Beziehungspause für immer wird. Deshalb sollte man vor einer Trennung auf Zeit schauen, dass man innerhalb der Partnerschaft noch etwas zum Positiven verändert und ein paar schöne Momente miteinander hatte. So kann man den anderen in der Pause auch vermissen.